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Diffamieren, bekämpfen oder miteinander arbeiten? - Ein Kommentar zum politischen Umgang mit der AfD

02. November 2025, Dr. Christine Leithäuser


In wenigen Tagen wird sich der neue Rat der Stadt konstitutieren. Wir werden eine neue Oberbürgermeisterin haben. Haben wir dann auch eine neue Politik?

Ich denke, nein. Tatsächlich wird das Arbeiten im Rat schwieriger werden. Das schlechte Abschneiden der CDU mit nur 22 % bei der Kommunalwahl hat innerparteiliche Konflikte befeuert, der Kreisvorsitzende Dr. Slawig ist im Streit von seinem Amt zurückgetreten. Die SPD als stärkste Fraktion mit knapp 29 % hat zwar „ihre“ Oberbürgermeisterin dursetzen können, diese hat aber keine Verwaltungs- und nur begrenzte Führungserfahrung. Die drittstärkste Fraktion ist die AfD mit 17 %. Mit dieser Fraktion will niemand zusammen arbeiten. Also ist die SPD auf die Stimmen der CDU angewiesen, wenn sie nicht alle irgendwie „linken“ Kräfte im Rat unter ihren Hut bringt. Als größte erste Aufgabe steht das Haushaltssicherungskonzept an. Wo wird gekürzt? Frau Scherff hat im Wahlkampf noch kein Konzept vorstellen können.


Diffamieren und Ausgrenzen als Strategie

Angesichts der anstehenden Probleme ist der politische Diskurs derzeit enttäuschend. Die Tatsache, dass die AfD im September fast drei Mal so viele Stimmen wie bei der letzten Wahl erhielt, hat nicht zu einer Fehleranalyse bei den anderen Parteien geführt. Stattdessen werden die Partei und ihre Mitglieder entweder ignoriert oder diffamiert.

Olaf Kupfer schreibt für die WZ zum Beispiel: „Die Partei mit einem beinahe unsichtbaren Kandidaten und weithin entleibtem Gesamtauftritt schickt bei 17,2 Prozent elf Mitglieder in den Wuppertaler Rat, der künftig 66 Mitglieder hat. Darunter unerfreuliche Gesellen in der zweiten Reihe, die die Atmosphäre in einem ohnehin fragilen Gesamtgebilde zu vergiften drohen.“ Belege für diese Bewertung fehlen.

Im Wahlkampf betonten Miriam Scherff und Andreas Nocke mehrfach, sie würden nur mit den „demokratischen Parteien“ sprechen. Sie meinen also, dass die AfD keine demokratische Partei sei. Was sagen unsere Gesetze zu dieser Frage? Im Parteiengesetz ist geregelt, welche Eigenschaften eine Partei in unserem demokratischen System haben muss. Eine Partei ist demnach vor allem eine Vereinigung von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit auf die politische Willensbildung Einfluss nimmt. Diese Definition ist rein normativ und sagt zu Recht nichts über die politischen Inhalte der Parteien. Sollte eine Partei jedoch planvoll versuchen, das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu zerstören, gilt Artikel 21, Abs. 2 Grundgesetz. Dort ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen und wie Parteien verboten werden können. Die Entscheidung über ein Parteienverbot trifft das Bundesverfassungsgericht durch Urteil. Und wohlgemerkt: Einzelne politische Meinungsäußerungen von Vertretern einer Partei, in denen oberste Verfassungswerte in Zweifel gezogen werden, reichen für ein Parteienverbot nicht aus.

Frau Scherff und Herr Nocke äußern damit eine Privatmeinung, wenn sie sagen, die AfD wäre keine demokratische Partei. Rechtlich gesehen steht es ihnen nicht zu, ein solches Urteil zu fällen. Als gute Demokraten sollten sie sich bei öffentlichen Äußerungen besser an unseren Gesetzen orientieren und die Entscheidung der Judikative überlassen. Ihre pauschale und lautstarke Absage an jegliche Zusammenarbeit mit der AfD - also zum Beispiel auch über Fragen der Art, ob in Wohngebieten Parkplätze wegfallen sollen - dramatisiert unnötig.

Die Strategie der Ausgrenzung hatte im Übrigen bislang keinen Erfolg und wird eher dazu führen, dass die AfD bei der nächsten Wahl stärkste Fraktion wird. Denn der Wähler möchte Lösungen für sattsam bekannte Probleme. Alle Parteien sollten besser Lösungen erarbeiten und umsetzen, anstatt mit dem Finger auf den politischen Gegner zu zeigen.


Militante Aktionen und Einschüchterung

Eine andere - in der öffentlichen Wahrnehmung meist verharmloste Gruppe - arbeitet sich gar nicht mehr mit rhetorischen Mitteln an der AfD ab. Sie setzt gleich auf Gewalt. Auf sie passen die Attribute „demokratiefeindlich“ und „extremistisch“. Gemeint ist die so genannte Antifa.

Wie diese Leute agieren, zeigt folgendes Beispiel. Ende Juli nahm die Wuppertaler Antifa einen AfD-Lokalpolitiker in ihr Fadenkreuz. Leon Bergen, Mitglied des Kreisvorstandes und im September ordentlich gewähltes Ratsmitglied sowie Vertreter der AfD in der Vohwinkeler Bezirksvertretung, erhielt nächtlichen „Besuch“. Selbsternannte „Antifaschist:innen“ besprühten die Wand des Mietshauses, in dem er wohnte: „Leon Bergen Nazisau“. Sie verteilten entlang der Straße ein Flugblatt mit der Überschrift „Achtung! Hier wohnen AfD-Faschisten!“ Auf den Hauswänden stand auch: „Leon Bergen verpiss dich, Nazis talwärts kloppen, Antifa Area, AFD-Faschos verjagen“.

Auf dem Flugblatt heißt es: „zeigen wir den beiden (gemeint sind Leon Bergen und seine Freundin), dass sie auf dem Ölberg unerwünscht sind“. „Der ganze Ölberg hasst die AfD!“ Die Antifa tritt als selbsternanntes Sprachrohr aller Bewohner auf dem Ölberg auf. Sie setzt ein Mitglied der AfD mit den Mördern im Naziregime nach 1933 gleich. Sie beschädigt Wohneigentum. Sie arbeitet mit Verleumdung und Bedrohungen. Einige Tage früher schon liegt eine geköpfte und gerupfte Taube vor der Haustür und es fliegen Steine gegen die Hausfassade. Ein Mann sitzt über mehrere Stunden auf einem Stuhl gegenüber der Wohnung von Leon Bergen und starrt hinüber. Die Hauseigentümer haben Angst vor weiteren Schäden und bedrängen ihren Mieter, der Ende August auszieht. Die Graffitos werden zahlreicher. Daraufhin hängen die Vermieter ein Pappschild in ein Fenster zur Straße: „Leon ist weg“.

Die Vertreibung von Leon Bergen und seiner Freundin sowie weitere Aktionen in Wuppertal - Zerstechen von Autoreifen, Beschmieren von Hausfassaden - werden von anonymen Verfassern auf der Internetplattform Indymedia , dem derzeit wichtigsten deutschsprachigen linksextremistischen Informations- und Propagandaforum, stolz und hämisch präsentiert. Verübte Straftaten werden als politische Aktion beschönigt. Der angebliche „Widerstand“ gegen Rechts wird verherrlicht. Unter den Beiträgen der Antifa Wuppertal steht folgender Hashtag: #freemaja. Dieser bezieht sich auf eine in Ungarn inhaftierte und angeklagte Person, die Mitglied der sogenannten „Hammerbande“ sein soll. Die Hammerbande heißt so, weil ihre Mitglieder mit Hämmern auf die Köpfe von vermeintlichen Faschisten eingeschlagen haben sollen. Der Prozess läuft noch. Zu Recht fragt man sich also am Ölberg: Was folgt auf Slogans an der Wand? Die Anzeige von Leon Bergen gegen Unbekannt wird von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt.

Wuppertal ist kein Einzelfall. Der Verfassungsschutzbericht 2024 NRW informiert über politisch motivierte Kriminalität aus dem „linken Spektrum“. Für das vergangene Jahr wurde im Themenfeld Antifaschismus eine Steigerung der Fallzahlen um 124% aufgezeichnet (ebd. S.43). Als Grund hierfür gibt das Inneninisterium „Die Zunahme der Relevanz der Partei Alternative für Deutschland (AfD)“ an. Bundesweit ist die Zahl linksextremistischer Straftaten 2024 um 37,9% auf insgesamt 5.857 angestiegen. Also 16 Straftaten pro Tag. Der Bundesverfassungsschutz schreibt dazu:

„Linksextremisten wollen die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen. „Antifaschismus“, „Antikapitalismus“, „Antirepression“ oder „Antigentrifizierung“ sind dabei letztlich austauschbare Aktionsfelder, die nur der Erreichung der eigenen ideologischen Zielsetzung dienen: der Errichtung eines kommunistischen Systems beziehungsweise einer herrschaftsfreien, anarchistischen Gesellschaft. […Sie ist] besonders brutal im „antifaschistischen Kampf oder im Vorgehen gegen die Polizei und dabei äußerst gezielt und professionell, auch unter Inkaufnahme potenziell tödlicher Verletzungen. […] Bei ungehindertem Fortgang der Radikalisierung könnte in Deutschland ein neuer Linksterrorismus entstehen, der sich insbesondere gegen als solche ausgemachte „Faschisten“ richten dürfte, aber auch zu weiterer Gewalt gegen Staat und Polizei führen könnte.“

Die AfD hat bereits im Jahr 2021 im Bundestag beantragt, die Plattform Indymedia abzuschalten. Der Antrag wurde abgelehnt. Ihr kürzlicher Antrag, die „Antifa“ zu verbieten, ist juristisch kaum möglich, da diese weder ein eingetragener Verein, noch eine Partei ist. Zudem gibt es auch hierfür derzeit keine politische Mehrheit.


Fazit

Die Straftaten der Antifa zielen darauf, den politischen Gegener zu diffamieren, zu behindern, zu verängstigen, zu „verjagen“, zu eliminieren. Ein weiteres wesentliches Motiv ihrer Handlungen ist die Einschüchterung der Bevölkerung und das Etablieren rechtsfreier Räume. Auf dem Ölberg ist dieser Prozess in vollem Gang. Niemand geht gegen die Sprayer vor. Anwohner äußerten sich mir gegenüber besorgt über die Vertreibung von Leon Bergen. Sie wollen keine „selbsternannte Bürgerwehr“. Sie sind erschreckt darüber, dass das Treiben der Antifa widerstandslos von allen Nachbarn hingenommen wurde.

Die Ausgrenzung der AfD vom politischen Diskurs sowie die pauschale Diffamierung ihrer Vertreter und Wähler sind zutiefst undemokratische Verhaltensweisen. Schlimmer noch ist das Wegschauen bei Straftaten wie Bedrohung, Verleumdung, Sachbeschädigung oder physischer Gewalt. Wir brauchen eine sachliche, breite Diskussion über die autonome Szene in Wuppertal zu der Frage, ob wir es hier vor Ort mit Leuten zu tun haben, die die demokratische Grundordnung abschaffen wollen und sie daher bekämpfen. Wäre dies der Fall, dann wäre das Vorkommnis um Leon Bergen nur ein Auftakt zu mehr. Das kann keiner wollen.

Ebenso müssen wir uns mit der AfD und ihren inhaltlichen Argumenten auseinander setzen, anstatt diese Partei zu dämonisieren. Weder die Positionen im Wahlprogramm der AfD, noch die mündlichen Auskünfte, die ich von Herrn Bergen und anderen Vertretern der AfD erhalten konnte, sind dazu geeignet, diese Partei und diese Personen als Antidemokraten zu kennzeichnen. Auch die Parteien im Rat täten gut daran, unaufgeregt an die Arbeit zu gehen und Politik für die Stadt zu machen. Mit wem aus dem demokratischen Spektrum auch immer.