Guido Gallenkamp - OB-Kandidat für Wuppertal

„Erfahrung, Kreativität und unkonventionelles Denken“

07. August 2025 , Dr. Christine Leithäuser


Guido Gallenkamp hat in seinem Leben schon viele Projekte "gewuppt". Ehrenamtliche, sportliche und berufliche. Aber nicht wegen des Rampenlichtes. Vielmehr sieht er sich als überzeugter Teamplayer. Da ist es nur konsequent, dass er auch eine andere Politik machen möchte als seine Mitbewerber. Mit ihm als OB in Wuppertal würde Bürgerbeteiligung zur Regel.

Dieser Typ ist sympathisch und nahbar. Er kommuniziert offen, dass er richtig Spaß an dieser Wahlkampagne hat, die so anders aussieht als bei den bereits etablierten Kandidaten. Seine aufgeräumte website wirkt frisch und einladend. Und tatsächlich, er antwortet umgehend nach der ersten Textnachricht.

Wie er als OB handeln würde:


Wuppertal ist überschuldet, im Februar wurde vom Stadtrat ein Nachtragshaushalt verabschiedet.
Welche Einsparungsmöglichkeiten sehen Sie für die kommenden Haushaltsjahre, um das strukturelle Defizit in den Griff zu bekommen?

Ein strukturelles Defizit, das durch jahrzehntelanges Aufschieben entstanden ist, kann nicht binnen 10 oder gar 5 Jahren aufgeholt werden. Sanierungsprojekte konnten aufgrund von Personalmangel nicht durchgeführt werden, wichtige Zukunfts-Projekte wurden zugunsten von schillernden Gegenwarts-Projekten auf Eis gelegt. Dabei wissen alle: was man heute nicht repariert, kostet morgen viel mehr Geld als vorher – egal ob wir jetzt über Zahnarzt, Schulgebäude oder Straßenbau sprechen.

Das strukturelle Defizit kann nicht nur durch Einsparungen aufgefangen werden. Denn wer einspart, der erzeugt auch Folgekosten auf anderen Ebenen. Wer keine Spielplätze saniert, der zieht auch keine Familien an, um in Wuppertal zu arbeiten. Wer keine Straßen instand hält, der zahlt zukünftig das Fünffache für dieselbe Fläche. Geld heute an der richtigen Stelle auszugeben, spart Geld in der Zukunft. Ich trete zwar nur für fünf Jahre an, aber die Stadt gibt es danach ja weiter. Mein Horizont muss also eher 50 statt nur 5 Jahre weit reichen.

Einsparpotentiale sehe ich vor allem in Ausgaben, die im Ordner „wollen“ statt „brauchen“ stecken. Wenn wir wieder lernen, Geld mit Sinn auszugeben, bekommen wir auch die Budgets in den Griff. Ja, das wird auch mal wehtun. Aber wäre es so einfach, wäre längst jemand damit erfolgreich gewesen.


Würden Sie die Projekte BuGa und Pina-Bausch-Zentrum trotz des Defizits beibehalten?

Beide Projekte haben das Potential, das Bild Wuppertals positiv zu beeinflussen. Und beide haben auch das genau gegenteilige Potential: Wuppertal weiter in die Pleite zu reißen. Denn beide Projekte kosten sehr viel Geld.

Die öffentliche Meinung von Projekten ist oftmals anders als eine gut informierte Meinung. Das liegt sowohl daran, dass man Projekte dieser Größenordnung nicht lückenlos präsentieren kann. Dafür gibt es einfach zu viele Details, die ineinandergreifen und die sich gegenseitig beeinflussen.

Deutlich sind für mich drei Dinge:

1) Wir müssen einen Plan B haben, falls wir im Falle einer Haushaltssicherung gewisse Ausgaben nicht mehr tätigen dürfen. Dazu zählen z.B. Eigenanteile dieser beiden Projekte.

2) Es darf keine Scheu davor geben, Situationen neu zu bewerten und danach zu handeln, wenn sich die Umstände ändern. Ein Durchziehen um jeden Preis schadet letztendlich der Stadt. Wenn Sie sich umsehen, werden Sie ähnlich große Vorhaben entdecken, die uns als Tiger präsentiert wurden und dann als Bettvorleger umgesetzt wurden. An halbgaren Ergebnissen hat niemand Freude und darauf sind wir an Ende auch nicht stolz.

3) Wenn wir uns für eine Sache entschieden haben, dann sollten wir auch alles daran setzen, sie so gut wie möglich umzusetzen. Ob man nun Befürworter oder Gegner der BuGa ist: es ist bereits entschieden. Wir machen die BuGa. Wir stehen zu unserem Wort, denn Wuppertal ist verlässlicher Partner. Und wenn wir es tun, sollten wir es gut machen.


Welche konkreten städtischen Entwicklungsvorhaben würden Sie in den kommenden Jahren gerne umsetzen?

Für mich liegt ein klarer Fokus auf kleinteiligen Zielen, die in der Summe große, spürbare Veränderung bringen:

1) Unterstützung und Ermöglichung von guter Nachbarschaft und Quartiersarbeit. Wuppertal muss wieder eine beliebte Wohnstadt werden. Dazu zählen, einfache Dinge wie kleine Plätze, schattige Parks und neue Bäume, aber auch bessere Beleuchtung, Barrierearmut und gute Verkehrsanbindung. Ich möchte in Sachen Flächengestaltung das Wuppertal bauen, das ich in 20 Jahren erwarte, wenn ich selbst in den Ruhestand gehe.

2) Echte Beteiligung durch Einbeziehung, bessere Kommunikation und Transparenz. Oftmals werden Wuppertalerinnen und Wuppertaler als Bürger unterschätzt. Denn jeder Mensch, der in Wuppertal wohnt, ist ja Experte für irgendwas. Jede und Jeder hat Hobbies, ein Händchen für Menschen, ein Talent für Organisation etc. Lasst uns mehr über das reden, was wir lösen müssen, was wir vorhaben und was uns bewegt. Dann kommen wir schneller zu einem außerdem besseren Ergebnis.


Brechen bald neue Zeiten im Rathaus an?


Sollte ich am 14. bzw. am 28. September zum Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal gewählt werden, wird im Frühjahr 2026 eine erste Bürgerkonferenz stattfinden, in der wir das Potential Wuppertals gemeinsam anzapfen. Verwaltung Bürgerinnen und Bürger sowie Politik und Wirtschaft sitzen dann in der Historischen Stadthalle zusammen und erarbeiten einen gemeinsamen Fahrplan für die kommenden fünf Jahre.

3) Fördermitteloffensive durch die Verwaltung mit neuer und zeitgemäßer Personalpolitik. Mit der richtigen Strategie und den passenden Partnern können wir sowohl mehr Fördermittel in die Stadt holen, als auch mehr Menschen für die Arbeit in der Verwaltung gewinnen. Ich habe in den vergangenen acht Jahren die Erfahrung machen dürfen, dass es ein tolles Gefühl ist, wenn die eigene Arbeit plötzlich Früchte trägt, die der gesamten Stadtgesellschaft nützen. Diese Begeisterung möchte ich weitergeben.

4) Verwaltungsarbeit wertschätzen. Wenn Sie sich den aktuellen Wahlkampf und auch die politische Arbeit der vergangenen Jahre ansehen, dann sehen Sie ein deutliches Gefälle von Theoretikern zu Praktikern. Tausend Leute wissen es besser als die, die es täglich tun. Dabei liegt das Erfolgsrezept wie fast immer in der Mitte: Ideen kommen oft von außen, die Bewertung erfolgt dann innen. Die Menschen im Konzern Stadt - das sind immerhin über 10.000 Personen – die sind richtig gut. Natürlich gibt es wie überall auch faule Eier im Karton, aber der eigentliche Bremsklotz für gute Ergebnisse ist: Luft zum Atmen. Verschaffen wir den Kolleginnen und Kollegen durch geschickte Organisation mehr Freiraum, werden auch die Ergebnisse wieder besser.


Wie kann man Ihrer Ansicht nach die Verwaltungsabläufe in Wuppertal verbessern, zum Beispiel beim Einwohnermeldeamt oder in der Ausländerbehörde?

Es hat Tradition, dass neue Amtsinhaber an den Dingen gemessen werden, die sich in den ersten 100 Tagen anstoßen. In meinem Fall wird das unter anderem eine klare Neuausrichtung der Personalpolitik sein. Uns gehen gute, engagierte Leute an umliegende Städte und die Wirtschaft verloren, weil die dort einfach besser bezahlt werden. Immer neue Leute einzuarbeiten kostet Zeit und Geld.

Ich möchte außerdem eine Taskforce einrichten, die sich um Bugwellen in der Bearbeitung kümmert. So etwas wie eine Akten-Feuerwehr. Die Ämter haben zu unterschiedlichen Jahreszeiten mal weniger und mal richtig viel zu tun. Denken Sie z.B. mal an Reisepässe vor den Sommerferien. Oder im November, da haben viele Förderprojekte Kassenschluss und es muss alles fertig dokumentiert sein. Mit einem kleinen, gut geschulten Einsatzteam, das die Ämter anfordern können, haben wir die Möglichkeit, Lastspitzen abzufangen und Wartezeiten deutlich zu verringern.


Wuppertal hat bereits überproportional viele Geflüchtete aufgenommen. Die prognostizierte Einwohnerentwicklung für die Jahre bis 2030 zeigt zudem einen Zuwachs der Bevölkerung insbesondere für die östlichen Stadtbezirke Barmen, Oberbarmen, Heckinghausen und Langerfeld-Beyenburg, der ausschließlich auf einer Zunahme der nichtdeutschen Bevölkerung basiert. Wie wollen Sie die daraus resultierenden Probleme für die Stadt lösen?

Lassen Sie uns anders herangehen: wie können wir den Zuwachs so gestalten, dass die kurzfristige Belastung auf der einen Seite durch mittel- und langfristige Bereicherung aufgewogen wird? Zuwanderung oder Umzüge können meist nicht auf kommunaler Ebene gesteuert werden. Also heißt es: machen wir das Beste draus und erarbeiten mit allen Beteiligten vielleicht sogar Lösung für Lösung, die anderen Städten als Beispiel dienen kann. Wuppertal ist ein Puzzle mit 365.000 Teilen und wir können es uns nicht erlauben, Teile einfach zu ignorieren. Selbst wenn man Kulturbewegungen und Migration kritisch gegenübersteht, muss man einer langfristig lohnenswerten Lösung gegenüber offen sein. Und ich bin mir sicher: Wuppertal ist einfallsreich und stur genug, auch diese Herausforderung zu meistern. Die Dinge so nehmen, wie sie sind, das können wir.


Die Arbeitslosenquote liegt in Wuppertal seit Jahren mehrere Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt. Wie bewerten Sie diese Tatsache und welche Lösungsansätze sehen Sie?

Auch hier ist mein Ansatz: kleinteilig denken. Mit Beratungsangeboten für Gründerinnen und Gründer, Startups, kleine und mittlere Unternehmen bringen wir Arbeitsplätze in die Stadt. Günstige Startbedingungen gepaart mit einer gut vernetzten Wirtschaftsförderung, der IHK und der Agentur für Arbeit und Jobcenter können ein Schlüssel sein. Dabei muss man nicht immer auf Trends wie KI und Co setzen. Viele Jobs für ungelernte Kräfte wurden ins Ausland verlagert. Dabei bin ich mir sicher: das können wir auch wieder selbst tun.


Jeder zweite Wuppertaler hat statistisch gesehen ein Auto in dieser Stadt zugelassen. Welche Lösungen sehen Sie für den täglichen Stau in der Stadt, fehlenden Parkraum und illegales Gehwegparken?

Der tägliche Stau in der Stadt ist ein gefühltes Problem. Statistisch kommt man in Wuppertal sehr gut mit dem Auto von A nach B. Allerdings behebt diese Tatsache nicht das Problem zugeparkter Kreuzungen und Gehwege. Da könnte man mit günstigen Markierungen anfangen: wo liegen eigentlich diese 5 Meter vom Kurvenschnittpunkt? Das würde sowohl den Anwohnern als auch dem Ordnungsamt das Schätzen und Messen ersparen. Es gibt Wohnlagen, da ist es wirklich verdammt schwierig. Und es gibt Gehwegparker, die sind einfach nur zu faul um 3 Minuten zu Fuß zu gehen oder das Auto in die richtige Richtung zu wenden. Für beides brauchen wir angemessen Lösungen.

Als ich vor einigen Jahren aus offenen Daten der Stadt Wuppertal die Verteilung angemeldeter Fahrzeuge visualisiert habe, wurde deutlich: in den Randlagen Wuppertals gibt es doppelt so viele Autos wie auf der Talachse. Die Gründe dafür muss man sich genauer ansehen. Und vor allem: mit den Menschen sprechen statt nur über sie hinweg.


Der Ausbau des Radwegenetzes und des öffentlichen Nahverkehrs geht nur schleppend voran. Haben Sie eine pragmatische Lösung, wie klimafreundlicher Individualverkehr in Wuppertal gefördert werden kann?

Zunächst möchte ich betonen, dass Wuppertal eine der höchsten Haltestellendichten überhaupt hat. 98,6% aller Wuppertalerinnen und Wuppertaler wohnen maximal 600 m (Bus) bzw. 1.200 m (Bahn) Luftlinie von einer Haltestelle mit mindestens 28 Abfahrten am Tag entfernt. Auf der Talachse ist die Schwebebahn unschlagbar.

Massenverkehrsmittel im Tal: Die Schwebebahn


Klimafreundlicher Individualverkehr funktioniert am einfachsten mit modernen Angeboten: gute Ladeinfrastruktur für E-Autos, E-Scooter mit klaren und vor allem durchgesetzten(!) Regeln, einem verlässlichen Bus- und Schienennetz als Alternative und nicht zuletzt: sicheren Radwegen.

Sicher sind für mich Radwege, wenn ich ohne Bedenken sowohl meine Nichten im Grundschulalter, als auch meine Eltern im Ruhestand auf diese Radwege schicken würde. Und da haben wir im engen Wuppertal wirklich schlechte Karten, was die Raumverteilung angeht. Entweder es ist eng oder es geht bergauf. Wir kommen also nicht um eine Neuverteilung des öffentlichen Raums herum. Und auch hier: gemeinsam mit allen Beteiligten, die sich darauf verständigen, in einen konstruktiven, lösungsorientierten Austausch zu gehen.


Wie möchten Sie Sicherheit und Ordnung in der Stadt verbessern?

Das ist eine Zwickmühle. Sollte ich Oberbürgermeister werden, erhält Wuppertal keinen frischen Wind im Ordnungsdezernat. Für mich ist Sicherheit ein Prozess, also ein Zustand, der sich entwickelt. Unsicherheit und Gefahr zeigen sich dafür nur punktuell.

Um Sicherheit aufzubauen, brauchen wir gut funktionierende Nachbarschaften. Wo man sich kennt, da fühlt man sich sicher. Also geht es auch um das gegenseitige Kennenlernen. Da muss man anfangs schon mal über seinen Schatten springen. Das ist aber nicht auf erwachsene Menschen begrenzt, denn auch in der KiTa lernt man sich kennen. Im Sportverein, im Bürgerverein, in der Schule, im Internet.

Andersherum funktioniert es genauso: wer sich als Teil von etwas sieht, achtet darauf, für diese Gesamtheit zu sorgen und sie zu pflegen. Identität, Akzeptanz und Austausch sind eine gute Grundlage. Bauen wir die Brücken, kommen Menschen auch uns entgegen.

Im Tagesgeschäft möchte ich dafür sorgen, dass die Stadtverwaltung Sicherheit und Ordnung als gesamtstädtische Aufgabe begreift. Wenn ich sehe, dass Straßenzüge düster sind, weil Straßenlaternen in dichten Baumkronen verschwinden, dann brauchen wir im Planungsprozess einen Zusatzcheck. Wenn Straßenlaternen in Wohngebieten von großen Transportern verdeckt werden, dann brauchen wir dafür eine praktikable Lösung. Wenn wir schöne Orte in Wuppertal voller Unrat und Scherben vorfinden, dann müssen wir nicht nur auf die Verursacher zugehen, sondern auch regelmäßig reinigen. Sicherheit und Ordnung hängt nicht zuletzt auch mit einer dünnen Personaldecke zusammen – aber eben auch mit Fehlplanung.


Welche Motivation haben Sie persönlich, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren?

Ich lebe seit 46 Jahren in Wuppertal und engagiere mich seit 30 Jahren ehrenamtlich für die Stadtgesellschaft. Caritas-Ferienfreizeit, Fußball-Schiedsrichter, Jugendleiter, Trainer im Sportbereich, Organisation von Sportveranstaltungen, Nachbarschaftsprojekte, Info-Portale und Social-Media Accounts für Stadtviertel und Kultur, offenes WLAN, Sprachprojekte und so weiter. Ich habe Drogensüchtige und Obdachlose, mit denen ich regelmäßig spreche, ich spende regelmäßig für unterschiedlichste Zwecke. Wuppertal liegt mir am Herzen.

Seit ein paar Jahren sehe die Gesellschaft in einen Zustand trudeln, den wir alle nicht wollen - egal auf welcher Seite der großen politischen Blumenwiese wir stehen. Die moderne Gesellschaft ist auch zu vielschichtig, um sie noch nach einfachen Schlagworten wie „links“ oder „rechts“ sortieren zu können. Auch sind die Herausforderungen in Wuppertal sehr viel kleinteiliger, als sie es in der Vergangenheit waren. „Multidimensional“ würde man vermutlich sagen. Da trifft Armut auf Intelligenz, ADHS auf Depressionen, Universität auf Hochwassergefahr. Und diese Problemsuppe muss sortiert werden, denn nur für eine konkrete, sortierte Herausforderung kann ich eine Stadtgesellschaft begeistern statt sie zu überfordern.

Und für diese vielschichtige und detailreiche Gesellschaft sehe ich in Wuppertal kein politisches Angebot mehr. Ich nehme die bisherigen Angebote als Notlösungen und Hilferufe der Parteien wahr. Hinzukommt, dass man unter dem Dach einer Partei gewisse Zwänge und auch Ablehnung erfährt, die ich als parteiloser Bewerber nicht habe.

Was Wuppertal jetzt braucht, ist eine freundliche Kombination aus langjähriger Erfahrung, gemeinnütziger Kreativität und behördenfernem „Out of the Box“-Denken. Und genau das ist meine Stärke.